Person sitzt am Arbeitsplatz und massiert sich den Nacken

Muskellängentraining am Arbeitsplatz -
Sitzen der neue Trend?

Viele Menschen sitzen im Alltag zu viel – mit gesundheitlichen Folgen. Laut DKV-Report 2023 verbringen wir durchschnittlich über 9 Stunden pro Werktag im Sitzen, Tendenz steigend. Doch warum ist das so ungesund?

Die Auswirkungen des Sitzens

Langes Sitzen verkürzt Muskeln, insbesondere den Hüftbeuger, und führt zu Verspannungen sowie Haltungsschäden. Ein typischer Bürotag zeigt das Problem deutlich:

  • Frühstück im Sitzen
  • Autofahrt oder Zugfahrt zur Arbeit
  • Stundenlanges Arbeiten am Schreibtisch
  • Mittagessen im Sitzen
  • Abend auf der Couch

Bewegungsmangel bewusst machen

Nach langem Sitzen fällt es schwer, sich sofort wieder locker zu bewegen – das zeigt, wie sehr unser Körper leidet. Bewusste Bewegungspausen, Stehschreibtische und aktive Fortbewegung im Alltag helfen, den negativen Effekten entgegenzuwirken.

Wie oft sitzt du täglich? Und spürst du die Auswirkungen?



Hüftbeuger

Der Hüftbeuger (M. Iliopsoas) besteht aus drei Muskeln: M. psoas major, M. psoas minor und M. iliacus. Seine Hauptaufgabe? Die Beugung der Hüfte – besonders aktiv beim Sitzen, sei es auf einem Stuhl, Fahrrad oder im Auto.

Langes Sitzen hält den Muskel in seiner Komfortzone. Beim Aufstehen oder Gehen muss er sich jedoch strecken. Ist er verkürzt, fällt eine aufrechte Haltung schwer. Regelmäßiges Dehnen und Bewegung helfen, Verkürzungen zu vermeiden.

 

Brustmuskulatur

Viele Tätigkeiten wie Schreiben, Kochen oder Regale einräumen erfolgen vor dem Körper. Dadurch neigt die Brustmuskulatur auf Dauer zur Verkürzung. Ein Anzeichen? Schwierigkeiten, die Schultern zurückzukreisen oder die Schulterblätter zusammenzuführen. Geht es dir genauso? Dann könnten gezielte Dehnübungen helfen.


Hals- und Nackenmuskulatur

Nach längerer PC-Arbeit oder einer vorgeneigten Haltung fühlt sich der Nacken oft steif an. Bewegungen wie Kopf drehen oder kreisen fallen schwer, da der Kopf oft nicht richtig ausgerichtet ist. Häufig wandert der Kopf im Laufe des Tages nach vorne, was zu Verspannungen führt. Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, wie ein korrekt ausgerichteter Bildschirm und regelmäßige Pausen, kann helfen, Nackenbeschwerden zu vermeiden.

 


Seitliche Flanke

Bei einseitiger Sitzhaltung verkürzen die Flankenmuskeln auf einer Seite, während die andere gedehnt wird. Häufig sitzen wir in unserer Lieblingsposition und wechseln selten. Achte darauf, ob du gerade und aufrecht sitzt oder ob eine Seite verkürzt ist. Wechsle die Position regelmäßig, um Verspannungen zu vermeiden.


Was können wir präventiv tun, damit Verkürzungen und Verspannungen erst gar nicht entstehen?

✓ Häufig am Arbeitsplatz aufstehen und ein paar Schritte gehen
✓ Pausen aktiv für Bewegung nutzen
✓ Einen Timer (z. B. am Handy) stellen, der alle 30 Minuten ans Aufstehen oder eine Übung erinnert (Übungen folgen)
✓ Smartwatches so einstellen, dass sie regelmäßig an das Aufstehen erinnern
✓ Regelmäßig die Stehfunktion des Schreibtisches (falls vorhanden) nutzen
✓ Die Sitzposition und Kopfhaltung regelmäßig ändern
✓ Einen Zettel mit "Kinn rein!" oder "Doppelkinn machen!" auf den Schreibtisch legen (Übungen folgen)

So bleibt der Körper in Bewegung und Verspannungen haben keine Chance.

Was ist überhaupt Muskellängentraining?

Beim Muskellängentraining arbeitet der Muskel in der Länge, das bedeutet, dass in einer Übung die Muskulatur zunächst in die Länge (wie bei einer Dehnung) gebracht wird und anschließend aber aktiv arbeiten soll. So werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: der Muskel wird in die Länge gebracht, was der Verkürzung im Alltag entgegenwirkt und gleichzeitig noch trainiert. Wie genau das aussieht, wird bei den Übungen klarer.

Wichtig ist die Abgrenzung zu reinem Krafttraining und reinem Dehnen. Muskellängentraining kombiniert beides miteinander. Bei regelmäßigem Üben gewinnt die Muskulatur nicht nur an Länge, sondern auch an Kraft in der Länge. Außerdem arbeitet nicht nur ein Muskel isoliert, sondern die gesamte Muskelkette ist aktiv, z. B. bei der stehenden Rückneige von Kopf bis Fuß und umgekehrt.

Die gesamte Körpervorderseite arbeitet, während die Rückseite entspannt ist. Dadurch wird die Übung noch funktioneller, denn im Alltag ist es ja auch selten der Fall, dass nur ein einziger Muskel eine Bewegung ausführt, meist sind mehrere Muskelgruppen gleichzeitig daran beteiligt.

Der Sinn des Muskellängentrainings besteht in einem Zuwachs der Muskulatur, allerdings nicht im Muskelumfang wie beim klassischen Krafttraining, sondern in der Länge, denn die kleinsten Einheiten der Muskulatur, die Aktin- und Myosinfilamente, sollten sich nicht übereinander, sondern hintereinander in Serie, also in der Länge anlagern. (Quelle) Das Muskellängentraining kannst du auch ideal mit den EMS-Systemen von eaglefit kombinieren: PRO EMS-System


Kommen wir zu den Übungen

Diese Übungen können einfach am Arbeitsplatz mit nur einem Band durchgeführt werden. Achte stets auf die Signale deines Körpers und vermeide Schmerzen. Bei akuten Verletzungen oder Erkrankungen (z. B. Rektusdiastase, Schwangerschaft, Bauch-, Leisten- oder Nabelhernien) sollten bestimmte Übungen, insbesondere die für die Hüftbeuger, nicht ausgeführt werden.

Haltedauer:
Die Muskulatur darf leicht zittern und arbeiten. Wenn Anstrengung aufkommt, atme 3-5 Mal tief durch und beende die Übung langsam und kontrolliert. Vermeide abruptes Stoppen. Tritt während der Übung Schmerz auf, stoppe sofort und löse die Übung sanft auf. Achte darauf, niemals in den Schmerz hinein zu üben oder die eigene Grenze zu überschreiten. Überprüfe die Ausführung und lockere die Muskulatur danach durch sanfte Bewegungen wie Schultern kreisen oder einige Schritte gehen.

Tipp:
Die meisten Übungen lassen sich nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch unterwegs durchführen. Zum Beispiel kannst du dich beim Warten in einer Schlange nach hinten neigen oder im Zug eine Nackenübung machen. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!


Die Übungen für dein Mobility-Training

Übung für die Hüftbeuger

(EMS: Einstellungen / Mobility / vordere Kette aktivieren; PRO EMS-System)

  • Stehe locker vor einem Schreibtisch, einer Wand oder Ablage, idealerweise in flachen Schuhen oder barfuß
  • Verteile das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine und verlagere den Schwerpunkt auf die Zehen
  • Die Fersen heben sich leicht, sodass ein Blatt Papier dazwischen passt.
  • Strecke die Knie locker und schiebe das Becken über die Füße nach vorne
  • Der Oberkörper geht leicht nach hinten, Schultern entspannt
  • Arme hängen locker, Kinn sinkt in Richtung Brustbein (Doppelkinn)
  • Halte die Körperrückseite, besonders das Gesäß, locker

Hinweis:
Die Übung kannst du auch stehend im Türrahmen durchführen. Der Vorteil ist, du hast einen besseren Halt, falls du das Gleichgewicht verlierst. Alternativ ist auch ein sanftes Festhalten an der Tischplatte möglich, das gibt zusätzlich Sicherheit.

Rückbeuge


Abgrenzung Übung zum Hohlkreuz:

Im Zuge dieser Übung könnte der Verdacht entstehen, dass du ins Hohlkreuz gehst. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wie die Bilder zeigen, senkt sich beim Hohlkreuz das Schambein unter den Körper, und das Steißbein hebt sich an. In der Übung aber senkt sich das Steißbein unter den Körper und das Schambein hebt sich an, also das genaue Gegenteil eines Hohlkreuzes.



Übung für die seitliche Flankenmuskulatur ohne Band

  • Stehe seitlich im Türrahmen oder unter einer offenen Treppe
  • Die linke Hand drückt mit der Kleinfingerkante gegen den Türrahmen oder eine Treppenstufe
  • Der Handrücken zeigt nach hinten, die Handfläche nach vorne
  • Schiebe die linke Flanke weit nach links, ohne den Oberkörper zu verdrehen.
  • Verlagere das Gewicht auf das äußere linke Bein (gestreckt), das rechte Bein kann gebeugt werden
  • Neige die linke Flanke wie eine Banane zur Seite
  • Der Kopf bleibt in Verlängerung der Wirbelsäule und neigt sich leicht mit
  • Blick nach vorne, Kinn sinkt leicht Richtung Brustbein (Doppelkinn)
  • Danach die Seite wechseln


Übung für die seitliche Flankenmuskulatur mit Band

  • Band sicher an Fenster- oder Türgriff befestigen
  • Seitlich zur Befestigung stehen, rechte Körperseite zeigt hin
  • Linke Hand fasst locker in die Schlaufe, Arm über Kopf nach rechts neigend ausstrecken
  • Leichte Spannung im Band, nicht hineinlehnen
  • Ellenbogen leicht gebeugt, Handrücken nach hinten, Handfläche nach vorne
  • Mit der Kleinfingerkante nach oben drücken, linke Flanke öffnen
  • Linke Körperseite über das gestreckte linke Bein schieben, rechtes Bein kann gebeugt werden.
  • Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule leicht neigen, Blick nach vorn, Kinn leicht senken (Doppelkinn).
  • Übung beenden: langsam zur Befestigung gehen, Arm senken
  • Seite wechseln


Übung für die Brustmuskulatur ohne Band

(EMS: Einstellungen / Mobility / vordere Kette aktivieren)

  • Seitlich zum Türrahmen oder Regal locker stehen
  • Linken Arm gestreckt halten (auch während der Übung), Handfläche zeigt nach oben, Daumen nach hinten
  • Alternative: Daumen nach oben, Handfläche an die Wand
  • Kleinfingerkante gegen den Türrahmen oder das Regal drücken
  • Schulter bleibt tief, Blick nach vorne, Kinn leicht senken (Doppelkinn)
  • Arm kann in verschiedenen Höhen platziert werden
  • Seite wechseln

Hinweis:
Wenn während der Übung ein Kribbeln in den Fingern, Händen oder Armen auftritt, die Übung beenden/pausieren und später eine andere Armhöhe wählen. Alle Armhöhen von tief bis hoch können beübt werden.



Übung für die Brustmuskulatur mit Band

(EMS: Einstellungen / Mobility / vordere Kette aktivieren)

  • Band am Fenster- oder Türgriff befestigen
  • Mit dem Rücken zur Befestigung stehen, Band locker in beide Hände (in die Schlaufen) nehmen
  • Leicht vorlaufen, bis das Band gespannt ist
  • Daumen nach hinten, Handflächen nach oben (Alternative: Daumen nach oben)
  • Zehen in den Boden drücken, Gewicht leicht nach vorne verlagern, ohne die Fersen anzuheben
  • Knie locker strecken, Becken leicht vorschieben
  • Kinn senken (Doppelkinn), Schultern bleiben tief
  • Mit Kleinfingerkanten imaginäre Wand nach vorne wegschieben
  • Arme gestreckt halten während der Übung
  • Zum Beenden Arme senken und langsam zurückgehen

Hinweis:
Wenn während der Übung ein Kribbeln in den Fingern, Händen oder Armen auftritt, die Übung beenden/pausieren und später eine andere Armhöhe wählen. Alle Armhöhen von tief bis hoch können beübt werden.



Übung für die vordere Halsmuskulatur

(EMS: Einstellungen / Mobility / vordere Kette aktivieren)

  • Locker an einer Wand stehen
  • Der Rücken und die Fersen berühren, wenn möglich, die Wand
  • Der Hinterkopf liegt ganz locker an der Wand an (dieser bleibt während der gesamten Übung an der Wand anliegen)
  • Das Kinn so weit es mit angelehntem Hinterkopf möglich ist zum Brustbein bewegen
  • Ein Doppelkinn machen

alternativ:

  • Locker sitzend auf einem Stuhl mit Kopflehne oder Autositz
  • Der Hinterkopf ist angelehnt (und bleibt während der Übung auch angelehnt)
  • Das Kinn so weit es mit angelehntem Hinterkopf möglich ist zum Brustbein bewegen
  • Ein Doppelkinn machen

Diese Übung versteht sich in erster Linie als Wahrnehmungsübung, in dieser Position sollte der Kopf sich in optimaler Weise im Alltag befinden, nämlich über dem Körper.

Wie oft wandert er im Alltag nach vorne zum PC?



Übung für die Nackenmuskulatur

(EMS: Einstellungen / Mobility / hintere Kette aktivieren)

  • Locker im Stuhl sitzen, Füße entspannt aufstellen
  • Kinn locker Richtung Brustbein senken, ohne die vordere Halsmuskulatur zu verspannen
  • Schultern entspannt tief halten
  • Hände locker am Hinterkopf auflegen, ohne daran zu ziehen
  • Hinterkopf leicht nach hinten/oben konstant gegen die Hände drücken
  • Hände halten nur gegen, ohne am Kopf zu ziehen
  • Ein „Katzenbuckel“ im Nacken darf entstehen.
  • Die hintere Nackenmuskulatur kommt in die Länge und wird aktiviert

Hinweis:
Die Hände sollten am Kopf weder reißen noch ziehen und der Druck des Hinterkopfes sollte sanft und moderat sein. Bei auftretenden Schmerzen oder Schwindel während der Übung, diese beenden und bei akuten Schmerzen oder Beschwerden im Hals- Nackenbereich nicht durchführen.



Übung für die seitliche Nackenmuskulatur

  • Locker im Stuhl sitzen, Füße aufgestellt, Kinn leicht Richtung Brustbein senken (Doppelkinn)
  • Linkes Ohr zur linken Schulter neigen
  • Linke Hand an die rechte Kopfseite, hält nur gegen den sanften Druck des Kopfes
  • Rechte Kopfseite drückt leicht und konstant gegen die Hand
  • Die Hand verhindert, dass der Kopf sich aufrichtet
  • Auf der rechten Hals- und Nackenseite darf ein "Katzenbuckel" entstehen
  • Die rechte Hals- und Nackenseite kommt in die Länge und wird aktiviert
  • Übung auf der anderen Seite wiederholen

Hinweis:
Die Hände sollten am Kopf weder reißen noch ziehen und der Druck des Kopfes nur sanft und moderat sein. Bei auftretenden Schmerzen oder Schwindel während der Übung, diese beenden und bei akuten Schmerzen oder Beschwerden im Hals- und Nackenbereich nicht durchführen.


Mit diesen Karten weißt du immer, welche Übung du gerade machen solltest :)